CO2-Bepreisung - gerecht? [1]
Die Frage der Notwendigkeit stellt sich mir nicht angesichts der allein diesjährig aufgetretenen Wetter- und Extremwetterphänomene. Der Tornado über dem Süden von Tschechien am 24.Juni mit 6 Toten, 250 Verletzten und erheblichen Zerstörungen (Hunderte Häuser zerstört und 2000 Häuser beschädigt), die Extremhitze im Nordwesten Kanadas und der USA Ende Juni mit einer gemessenen Maximaltemperatur von 49,6°C, der Temperaturrekord in Nordnorwegen mit einer fast Tropischen Nacht [2] mit 19,5°C und die inzwischen in Mitteleuropa auftretenden Starkregen-Ereignisse mit z.T. der Monatsregenmenge an einem Tag mit den entsprechenden Folgen von Erdrutschen und Bodenerosion, zeigen die aktuellste diesjährige Entwicklung auf.
Es ist nicht mehr die Frage "ob" sondern "wann" etwas derartiges auch hier passiert.
Die aus den Folgen des Klimawandels entstehenden Kosten für die Volkswirtschaft sind jetzt schon hoch und werden voraussichtlich noch steigen. Dagegen sind die Mehrkosten durch die CO2-Bepreisung überschaubar und da aufkommensabhängig, individuell steuerbar.
Ich bin dafür, die CO2-Bepreisung am oberen Rahmen des von den Parteien geforderten Rahmens verbunden mit einem kurzen Zeitrahmen zu orientieren, da nur so der Klimawandel effektiv gebremst werden kann. Und nur dies hilft den Kostenanstieg durch den Klimawandel nicht eskalieren zu lassen. Eine Perspektive über die nächsten zwei Legislaturperioden hinaus hilft dies zu verstehen. Die Notwendigkeit des 1,5°C-Ziels wird von rund 250 Wissenschaftlern im Rahmen der Weltklimakonferenz im Dezember 2018 durch den "Sonderbericht 1,5°C globale Erwärmung" [2] gefordert. Als Begründung dieser Forderung wird die Metastudie von Will Steffen [3] herangezogen.
Der Idee von Bündnis 90/Die Grünen, einen Teil der durch die CO2-Bepreisung erhobenen Abgaben aus Gründen sozialer Gerechtigkeit zurückzuzahlen, kann ich mich anschließen.
Ich würde dies in zwei Tranchen (Juni und Dezember) als Aufschlag auf das "faire Grundeinkommen" realisieren. Dieser wird für alle Staatsbürger als ein "Pro-Kopf-CO2-Emissionswert" bemessen, dies wäre de facto eine Art "individueller Klima-Freibetrag".
Durch die "Zwei-Tranchen-Rückzahlung" bleibt diese spürbar. Im Gegensatz dazu wäre eine über das Jahr gleichverteilten Rückzahlung nicht spürbar. Ich nenne es ein "staatliches Urlaubszusatz- und Weihnachtszusatzgeld". Als Nebeneffekt helfen diese, die Akzeptanz der CO2-Abgaben zu erhöhen.
Im Rahmen eines Gerechtigkeitsausgleichs auf ökonomischer Ebene kann ich mir im Übergangszeitraum zusätzlich auch den Handel von CO2-Zertifikaten zwischen Unternehmen, die ihren CO2-Emissionsgrenzwert nicht erreichen und denen, die im Rahmen der Umstellung auf klimagerechte Verfahren und Prozesse noch darüber liegen, vorstellen. Die Einhaltung des 1,5°C-Ziels im nationalen Rahmen muss dabei natürlich eingehalten werden und die damit verbundene Tauschquote muss stetig sinken.
In der Stahlproduktion, Stichwort "Green Steel", bedeutet die Umstellung im ersten Schritt eine Verteuerung. Die Besteuerung nach dem "Belohnungsprinzip" wirkt hierbei Begünstigung der umstellenden Werke und hilft Wettbewerbsgerechtigkeit herzustellen.
Die Kriterien Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind mindestens erfüllt, bei Einhaltung der Tarife und einer Beschäftigung von Festeingestellten nach Tarifrecht kommt auch das Kriterium Sozialstandards hinzu. Auch hilft dies die auf "Green Steel" umgestellten Werke gegenüber Billigimporten ohne Einhaltung der Kriterien zu schützen und dadurch die Arbeitsplätze zu erhalten.
{... wird fortgesetzt ...}
Zitierte Quellen:
[1] Tropische Nacht:= Nacht mit einer Minimaltemperatur von 20,0°C.
[2] "Sonderbericht 1,5°C globale Erwärmung" der Weltklimakonferenz in Katowice (engl.)
[3] Will Steffen: Metastudie zur Weltklimaentwicklung für den Weltklimarat (IPCC), 2018 (englisch)