Philosophie einer neuen Politik

Was sollen und müssen zukünftig die Wege zu Entscheidungen sein?  
Statt einer Leitung durch Ideologien oder Dogmatismus ist es aus meiner Sicht besser, das Handeln in Politik und Gesellschaft von tiefer gehender Ethik und Orientierung gebender Philosophie leiten zu lassen. Als Orientierung kann ein realitätsbasierter Pragmatismus dienen, der auch Effekten zunehmend häufig auftretender Krisen entgegenwirken kann.
Wenn schon unser Grundgesetz und die Menschenrechte wesentlich auf der Philosophie von Immanuel Kant basieren, dann muss auch der kategorische Imperativ eine prägendere Rolle für Politik und Politiker spielen
In der Politikwissenschaft definiert der Begriff „Policy“ eine der drei Dimensionen von Politik.
Policy steht dabei für die inhaltliche Dimension, konkrete politische Initiativen oder Ziele, die erreicht werden sollen
In diesem Sinne werde ich im Folgenden den Begriff Policy nutzen. 

Karl Marx hat die Zusammenhänge von "Kapital und Arbeit" schon zu Beginn der Industrialisierung aufgezeigt und insbesondere den Begriff „Mehrwert“ definiert, der seitdem eine maßgebliche Bedeutung für unsere Wirtschaft und die Gesellschaft hat.  
Viele seiner Vorhersagen, insbesondere über Globalisierung und Folgen des Kapitalismus haben sich in der Gegenwart bestätigt. Auch die Rationalisierung im Arbeitsleben hat Marx vorhergesehen, welche tatsächlich zu einer "Entwertung menschlicher Arbeit in der Produktion" besonders in Zusammenhang mit einer globalen Ausdehnung von Handel und Industrieproduktion geführt hat. 
Was aber von Marx nicht vorhersehbar war, sind Schlussfolgerung und Konsequenz angesichts Automatisierung in der Produktion und Einflüsse künstlicher Intelligenz. ²' 
Was soll die Konsequenz sein, wenn immer weniger Menschen direkt in Produktionsprozesse integriert sind und zunehmend sogar Maschinen Gewinne in Fabriken ohne Arbeiter erwirtschaften oder Arbeit in Länder mit niedrigem Lohn und ohne Sozialstandards verlagert wird? Was wäre wenn es keine "Arbeiterklasse" mehr gebe?
Arbeit wäre von der Erwirtschaftung des Mehrwertes ausgeklammert. Die Sozialsysteme wären nach heutigem Prinzip nicht mehr finanzierbar.

John Maynard Keynes hat die Grundzüge der heutigen "Volksökonomie" begründet. Als Konsequenz der Weltwirtschaftskrise 1929 forderte er eine "marktwirtschaftliche Ordnung mit Steuerung durch die Regierung" (er forderte jedoch nicht eine Staatswirtschaft!).
"Konsum und Wachstum" würde durch ein Anwachsen der Produktivität und eine sinkende individuelle Arbeitszeit zu stetig mehr Wohlstand führen. Dies muss durch neuere Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaft und auch der Glücksforschung als nicht zutreffend bezweifelt werden, denn nach Keynes Vorhersage hätten wir heute eine 15 Stunden-Arbeitswoche. 
Es zeigen sich Effekte der Gegenwart, die außerhalb direkter staatlicher Einflussnahme liegen. Zugleich beginnt die Weltordnung wieder stärker zu zerfallen, was die Möglichkeit international koordinierter Einflussnahme schwächt.  
Wie kann aus gegenwärtiger Betrachtung der Weltlage globalen Phänomenen wie Bevölkerungswachstum, Klimawandel, Umweltzerstörung und nicht zuletzt auch dem Anwachsen Sozialer Unterschiede auf nationaler wie globaler Ebene entgegengesteuert werden?  
Die Ausrichtung auf "Konsum und Wachstum" kann diesbezüglich keinen Lösungsweg dar, sie kann somit nicht aus der Krise führen sondern diese sogar verschärfen.  

Adam Smith gilt als einer der Begründer des "Wirtschaftsliberalismus". Der Antrieb wirtschaftlichen Handelns ist Gewinnstreben, Smith geht als Regulativ von einem "inneren unparteiischen Beobachter als moralischer Instanz" aus. Der Markt regelt sich selbst durch "Angebot und Nachfrage". Diese "Selbstregulierung des Marktes", basierend auf dem inneren Regulativ, verhindert ein Kippen des Gleichgewichts.  
Unberücksichtigt sind eklatante Unterschiede in Bildung und Möglichkeiten in globalem Rahmen, dazu kulturell begründete unterschiedliche Sichtweisen und Bewertungen. Außerdem scheint selbst in modernen Gesellschaften freiheitlicher Industriestaaten keine Ebenbürtigkeit in Fähigkeiten des Einzelnen zur unabhängigen Beurteilung und Entscheidung basierend auf „einem inneren unparteiischem Beobachter“ möglich zu sein. Wie sollten so komplexe Zusammenhänge moderner ökonomischer oder technischer Art beurteilbar sein?  
Und was wäre, wenn durch außerhalb des vom Regulativ beherrschten Marktes Faktoren wesentlich werden (ein ungezügelter Rohstoffverbrauch, eine langfristige Zerstörung der Lebensgrundlagen), die zu einer Existenzbedrohung der Menschheit werden können?  
Eine Selbstregulierung des Marktes wäre dann ausgeschlossen. 

Aus meiner Sicht versagen gegenwärtige Mechanismen der Politik bei der Lösungsfindung von Herausforderungen, die nicht in politischer Philosophie und heutigen Theorien der Ökonomie verankert sind. Eine neue Politik mit dem Anspruch, gute Lösungen zu finden, muss sich von polarisiertem Denken ("Schwarz-Weiß-Sichtweisen") lösen und zu mehrdimensionalem Denken übergehen. Meine Philosophie der "Dimensionalisierung von Ethik und Sichtweisen" stellt in diesem Sinne eine „Policy“ dar: Eine Berücksichtigung von Generationsgerechtigkeit und von globaler Gerechtigkeit in politischen Entscheidungsprozessen der Gegenwart ist Beispiel hierzu.  
Auch fordert der "Trialismus" mit der "Notwendigkeit einer gleichzeitigen Verwirklichung von nachhaltiger Ökonomie, Sozialer Gerechtigkeit und unbedingter Ökologie" ein konzertiertes, themenübergreifendes Handeln, um die Probleme und Herausforderungen der Gegenwart effektiv und dauerhaft lösen zu können. 

Dimensionalisierung von Ethik und Sichtweisen:
Der heutigen Differenzierung nach "reichen Industrienationen", "Schwellenländern" und "Entwicklungsländern", Stichworte sind G7, G20 und die "Dritte Welt" oder auch "globaler Süden" steht die undifferenzierte Auswirkung von globalen Effekten wie menschverursachtem Klimawandel, Ausbreitung von Pandemien, Artensterben und Erderwärmung gegenüber.
Die jüngst aufgetretene COVID19-Pandemie macht keinen Unterschied zwischen reichen und armen Nationen. Einzig die medizinische Versorgung ist unterschiedlich, jedoch auch in reichen Industrienationen dauerhaften Pandemien nicht gewachsen.
Globale Krisen und Katastrophen können nur global gelöst werden. Weitere Pandemien werden vorhersehbar mit zunehmender Häufigkeit auftreten. Dies gilt auch für Dürren, Sturm und Starkregenereignisse.
Betroffen sind länder- und generationsübergreifend Mensch und andere Lebensformen betroffen. Verantwortung in politischem Handeln in der Gegenwart muss gegenüber Menschen auf globaler Ebene auch für die gesamte planetare Biosphäre ausgeweitet werden. Darüber hinaus muss Politik auch Entscheidungen in der Gegenwart treffen, die die Rechte zukünftiger Generationen wahren.
Konkret bedeutet dies: Wir müssen die Welt so erhalten, dass auch zukünftigen Generationen ein gutes Leben auf dem gesamten Planeten möglich sein wird.  
Verantwortung von Parteien muss über den Bereich der eigenen Wähler auf die gesamte Nation und auf Menschen außerhalb des eigenen Landes, sowie auf zukünftige Generationen und andere Lebensformen ausgeweitet werden.  
Der kategorische Imperativ erweitert sich auf zeitliche und globale Dimensionen

Trialismus = Notwendigkeit einer gleichzeitigen Verwirklichung von nachhaltiger Ökonomie, Sozialer Gerechtigkeit und unbedingter Ökologie:
Die von mir ausgeführten Thesen zum Trialismus bedingen die Notwendigkeit einer gleichzeitigen Verwirklichung nachhaltiger Ökonomie, Sozialer Gerechtigkeit und unbedingter Ökologie (Biodiversität, Klimaschutz und Umweltschutz).  
Im Unterschied hierzu stehen die heute maßgeblichen Richtungen der Politik, Sozialdemokratie, Christdemokratie, Liberalismus, Sozialismus und die Grüne/Ökologische Bewegung eher für die Ausrichtung auf deren Schwerpunkt. Hierdurch definiert sich oftmals eine Konkurrenz zu den anderen Richtungen in der täglichen Politik. 
Angesicht der Komplexität von Themen der Gegenwart kann es aus meiner Sicht keine einfachen oder generellen Lösungen geben, die auf den Hauptausrichtungen heutiger politischer Philosophie basieren.
Weder das innere Regulativ jedes Einzelnen noch das Selbstregulativ der Märkte noch staatliche Koordination vermögen allein die Probleme der Gegenwart zu lösen.
Weder ein humanistisches, noch ein sozialistisches, noch ein christliches oder muslimisches Menschenbild könnte für sich als allein vorbildlich angenommen werden. Es geht nur durch ein Miteinander aller Kulturen.

Die Harmonisierung und Synchronisierung von Ökonomie, Sozialem und Ökologie mit den verbindenden Zielen von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit sehe ich als unbedingte Voraussetzung einer auf Zukunftsfähigkeit ausgerichteten Politischen Philosophie.
Nur die Konzertierung sämtlicher Kräfte und die Kooperation der Menschen aller Weltbilder kann überhaupt eine Chance zum Überleben von Menschlicher Kultur in ganzer Vielfalt gewähren. 

Erläuterungen:
 ²' obwohl es sich aus meiner Sicht nicht um eine Form von Intelligenz handelt, verwende ich den Begriff "künstliche Intelligenz" des einfacheren Verständnisses wegen weiter.