Respekt und Achtung
Schreibe ich nun von dem Kitt und dem Mörtel, der die Gesellschaft fundamentiert und ihr Zusammenhalt gibt. Um gleich bei diesem Bild zu bleiben, wären dann ja die "Einzelteile" einer Gesellschaft etwas wie Steine, in sich stabile und feste Einzelelemente. Beides zusammen ergibt erst Struktur und Statik.
Wenn der Untergrund nicht gleichmäßig trägt, dann gerät das Gebäude bald in Schieflage, so beim "schiefen Turm zu Pisa" als bekanntestem Beispiel. Bei einer Wendeltreppe innerhalb des Gebäudes würde ein Gang treppauf zu einem abwechselnd mehr oder weniger steilen Anstieg führen, bei einer Gesellschaft zu starken Schwankungen im gesellschaftlichen Fortschritt.
Bei ungleichmäßiger Belastung und zugleich großer Grundfläche würden Risse im Mauerwerk auftreten. Innerhalb einer Gesellschaft würde die ungleiche nicht der Tragfähigkeit angepasste Belastung zu Spaltung und Auseinanderfallen führen.
Wie bei einem Bauwerk ist auch innerhalb einer Gesellschaft der Zusammenhalt sehr wichtig. Ohne diesen kann eine Gesellschaft langsam auseinander driften oder zerfallen.
Was bedeutet dies jetzt konkret?
Ohne gegenseitigen Respekt können gesetzte Ziele und ethische Werte nicht erreicht werden. Ohne sie ist ein gutes Zusammenleben, selbst ein einfaches nicht möglich. Im Vordergrund steht nicht die Selbstverwirklichung, sondern Toleranz und Entgegenkommen. Jede Haltung trägt auch die eigenen Ziele, eigene Gefühle und die eigene Erfahrung mit sich, diese steht jedoch nicht im Vordergrund. Es geht nicht um den Wettbewerb von Menschen untereinander, um immer besser, immer schneller und immer "superlativer" zu werden. Es wäre sonst nur, sich von den Werten von Massenkonsum mit uneingeschränktem Wachstum und scharfem Wettbewerb untereinander anstecken zu lassen. Am Ende steht eine persönliche Beeinflussung von Kommerz und Konsum, der Verlust von Freiheit fällt durch den schleichenden Charakter dieser Entwicklung kaum auf.
Die ökonomische Glücksforschung besagt, dass ein permanenter Zuwachs an persönlichem Einkommen nur bis zu einem Punkt mit einem Zuwachs von Lebenszufriedenheit annähernd parallel verläuft. Ab dann ist kein Anwachsen von Lebenszufriedenheit mehr erkennbar [1].
Zu einer auf Nachhaltigkeit basierenden Ökonomie gehört auch eine auf mehr Miteinander und Gelassenheit basierenden Gesellschaft. Was mit Nachbarschaftshilfe und ganz einfach mit einer freundlicheren Begegnung in der näheren Wohnumgebung beginnt, kann auch über Ländergrenzen und Kontinentalgrenzen hinweg zu einem besseren und friedlicheren Leben und Umgang führen. So kann es beginnen.
Von Staat und Politik aus gilt es auch Achtung von Lebensleistungen zu gewähren, die auf einem unkonventionell verlaufenen Lebensweg basieren. Menschen, die durch persönliches Leid und Schicksalsschläge geprägt sind oder die aufgrund einer früheren staatlichen Zwangslage eingeschränkt waren (Bürgerinnen/Bürger der früheren DDR), sind ebenso zu respektieren und nicht pauschal als Leistungsverweigerer oder Unwillige zu brandmarken. Grundsätzlich hat die Unschuldsvermutung zu gelten und sich nicht anerkannt Fühlende nicht zusätzlich auszugrenzen oder dafür zu maßregeln. Ihre Lebensleistung ist grundsätzlich anzuerkennen und nicht einer allein ökonomischen Betrachtung zu unterziehen.
Wenn in der Ökonomie als Motivation zur Transformation ein positiver Anreiz wirken soll, dann kann im Bereich des Sozialen ebenso ein "Mehr an Toleranz" und "Hilfsangebot" als Basis dienen. Dies würde und wird zu einer besseren und dennoch leistungsfähigen Gesellschaft beitragen. Die Stärkeren tragen die Schwächeren mit, und diese tragen mindestens durch ihren Konsum durch das Grundeinkommen zum Bruttosozialprodukt und zusätzlich zum "Gesamtgesellschaftsprodukt" bei.
Quellen und Literaturhinweise:
[1] Robert & Edward Skidelsky: Wieviel ist genug?, Verlag Antje Kunstmann 2013