Halbzeitbilanz [3] - Gesundheit und Pflege

Die Bilanz in der Gesundheitspolitik ist kurz zusammengefasst, das Zwischenergebnis erscheint "bemüht aber nicht durchgreifend verbessernd" zu sein.
Angestrebt ist eine Klassifizierung vorhandener Kliniken, verbunden mit einer der Klassifikation angepassten Ausstattung. Die Kliniken werden unterteilt in drei Level [1]
 - Level-1-Krankenhäuser als Krankenhäuser der Grundversorgung
 - Level-2-Krankenhäuser als Krankenhäuser der Regel- und Schwerpunktversorgung
 - Level-3-Krankenhäuser übernehmen die Maximalversorgung

Level-1-Krankenhäuser sollen dabei noch einmal unterteilt werden in Level-1n-Häuser, die die Notfall­-Versorgung sicherstellen, und Level-1i-Häuser, die eine sektorenübergreifende Versorgung anbieten. [1] 
Ob hiermit die medizinische Versorgung auch in der Fläche sichergestellt werden kann, scheint aus meiner Sicht fraglich, da schon jetzt selbst in Oberzentren eine Konzentration stattfindet, so auch in Braunschweig mit dem Zwei-Standorte-Konzept. [2] 

Im Jahr 2021 gab es deutschlandweit 423 Krankenhäuser mit weniger als 50 verfügbaren Betten. 1991 waren es noch 331. Damit hat sich die Zahl der Häuser der kleinsten Größenklasse als einzige in den letzten Jahrzehnten deutlich erhöht. In allen anderen Größenklassen mit Ausnahme der Häuser mit 500 bis 800 Betten hat sich die Anzahl der Krankenhäuser z.T. stark reduziert. [3] 

Es gibt immer weniger Krankenhäuser. Die Gesamtzahl der Kliniken und Krankenhäuser in Deutschland ist seit Jahren rückläufig. Von 1991 noch rund 2400, bestehen in 2021 nur noch 1.887 Kliniken. Mit der Zahl der Häuser hat sich auch die Anzahl der Krankenhausbetten um rund ein Viertel von 665.500 auf rund 483.800 reduziert. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der behandelten Patienten um rund 25 Prozent auf 19,4 Millionen im letzten Jahr vor der Corona-Pandemie. Aus weniger Betten und Kliniken aber gleichzeitig mehr zu behandelnden Patienten resultiert die deutlich verringerte Verweildauer von derzeit durchschnittlich 7,2 Tage (1992: 13,3 Tage). [3] 

Aufgabe von Krankenhäusern. Die gesundheitliche Versorgung in Deutschland ist im Wesentlichen in drei Bereiche gegliedert: die Primärversorgung in Form ambulanter Behandlungen hauptsächlich durch niedergelassene Ärzte, die stationäre Akutversorgung in den Krankenhäusern und schließlich die Rehabilitation. Schwere Erkrankungen erfordern möglicherweise eine dauerhafte ärztliche Betreuung und/ oder spezielles medizinisches Gerät, so dass ein stationärer Aufenthalt in einem Krankenhaus unumgänglich ist. Im deutschen Gesundheitssystem fällt den Krankenhäusern die Aufgabe zu, die stationäre Versorgung flächendeckend und in hoher Qualität zu gewährleisten. [3] 
Nebeneffekt der Schließungen ist auch der Entfall von Belegbetten durch Fachärzte aus der Region, was wiederum zu einer Verschlechterung der fachlichen Gesundheitsversorgung in der Fläche, in einzelnen Regionen führt.

Immer noch haben sich die Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich nicht verbessert, u. a. weil immer mehr Arbeitslast auf immer weniger Schultern lastet. Dies steht im Widerspruch zur gleichzeitig unverändert hohen Verantwortung im Gesundheitswesen.
Gleiches gilt auch für Pflege und Altenpflege, auch hier könnte es zu Bereichen mit Unterversorgung kommen.
Es müssen mehr Stellen geschaffen werden, um eine qualitative Verbesserung zu erreichen und gleichzeitig die Abwanderung von überlasteten Fachkräften aus Gesundheitswesen und dem Pflegesystem zu senken.

Um beim Begriff Qualität zu bleiben, ist auch die Medikamentenversorgung zu nennen. Bereits jetzt lässt sich abschätzen, dass auch in der kommenden Erkältungszeit in Herbst und Winter ein Versorgungsmangel u. a. an Kinder- und Erkältungsmedikamenten, jedoch auch an Antibiotika droht. [5] Und dies obwohl die Situation in 2023 der in 2022 [4] gleicht, bereits im Jahr zuvor Abhilfe versprochen wurde.
Fachlich handelt es ich im Wesentlichen um Generika, also Arzneimittel, deren Patentschutz abgelaufen ist. Deswegen werden seitens der Krankenkassen solch niedrige Erstattungen geleistet, dass sich der Vertrieb in Deutschland kaum lohnt und sich dieser in andere Länder der EU verlagert. [6] 

Dringend ist ein grundsätzliches Umsteuern im Bereich Gesundheit und Pflege notwendig. 
Wegen Abwanderung aus betroffenen Berufen und daraus resultierendem Mangel an Fachkräften, sowie strukturellen Problemen der Finanzierung einiger Arzneimittel, insbesondere von Generika drohen Versorgungsengpässe. Es muss dringend gegengesteuert werden, da Anspruch und Wirklichkeit immer stärker auseinander klaffen. Ohne ein gut funktionierendes und zeitgemäß organisiertes Gesundheitssystem wäre das gesamte Staatswesen und dadurch in Folge auch die Ökonomie in Deutschland gefährdet. 
Das Motto ist nicht "koste es was es wolle", sondern "was ist es uns wert"
Quellen:
[1]   aerzteblatt.de: Krankenhausreform: Drei Versorgungsstufen sollen es richten ; 06.12.2022
[2]   Städtisches Klinikum Braunschweig: Die neue Zentralklinik; Stand: ca. 2021  
[3]   statista.com: Anzahl der Krankenhäuser in Deutschland nach Bettengrößenklassen bis
       2021; Stand: 25.08.2023 
[4]   Süddeutsche Zeitung: Ärzte und Apotheker rechnen noch viele Monate mit Engpässen;
       Stand: 21. Dezember 2022, 11:03 Uhr
[5]   Pro-Generika: Stellungnahme von Pro Generika zum Kabinettsentwurf des Arzneimittel-
       Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) vom
       5.4.2023
[6]   Deutsche Apotheker Zeitung: Generika-Hersteller erwarten Marktrückzüge wegen hohen
        Kostendrucks
; Stand 17.02.2023
 

This article was updated on September 14, 2023