Halbzeitbilanz [5] - Klima und Bauen
Ist Wohnungsbau dringender als Klimaschutz?
Wenn der Verlautbarung aus Berlin gefolgt würde, bleibt keine andere Schlussfolgerung.
Die hart geführte Debatte um das Gebäude-Energie-Gesetz ist noch nicht lange her, das Ergebnis war schon ein Kompromiss. Und nun sollen auch noch Baustandards gesenkt werden, um den Wohnungsbau anzukurbeln. "Bauen um jeden Preis" scheint das Motto zu sein.
Als Vorschlag von Maßnahmen liegt ein 14-Punkte-Papier vor.
"In diesem will der Bund auf verpflichtende Sanierungen einzelner Wohngebäude verzichten.
Der "Klimabonus", der Hauseigentümer beim Tausch alter, fossiler gegen neue, klimafreundliche Heizungen fördert, soll erhöht und auch auf Wohnungsunternehmen und Vermieter ausgeweitet werden.
Bei Bauvorhaben soll es Steuervorteile durch besondere Abschreibungsregeln, die sogenannte Afa, geben. Den Ländern soll eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglicht werden." [1]
"Von 2022 bis 2027 sollen "Programmtitel in Höhe von insgesamt 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung" gestellt werden. In Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten soll der Bau von bezahlbarem Wohnraum vereinfacht und beschleunigt werden. KfW-Förderprogramme sollen attraktiver ausgestaltet und erweitert werden.
Die anpeilte sogenannte Wohngemeinnützigkeit soll im kommenden Jahr an den Start gehen. Dabei sollen Vermieter, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, steuerlich begünstigt und gefördert werden." [1]
"Mit zinsvergünstigte Darlehen der staatlichen Förderbank KfW sollen etwa mehr Familien zum Bauen oder Kaufen bewegt werden." [2]
"... Die Länder {wollen} ihre Bauordnungen im November ändern, um die Dauer aller Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau zeitlich auf drei Monate zu begrenzen – zumindest bis 2026 – und um Typengenehmigungen für das serielle und modulare Bauen bundesweit anzuerkennen und bestimmte Hausaufstockungen genehmigungsfrei zu machen. [2]
Geplant ist ein "Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“. Damit soll der Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden unterstützt werden." [2]
Es stellen sich vor allem folgende Fragen:
Fördert dies die Schaffung von Wohnungen im Sinne von nachhaltigem Bauen?
Werden mehr Wohnungen mit Sozialbindung längerfristig geschaffen?
Welche möglichen Folgen für Umwelt und Klima hat der vermehrte Wohnungsbau?
Zu Frage 1:
Wenn Standards gesenkt werden, wird von sich aus kaum ein Bauunternehmen nachhaltig bauen, insbesondere wenn undifferenziert auf sämtliche Bauvorhaben Steuervorteile durch besondere Abschreibungsregeln gegeben werden. Dadurch ginge der Anreiz verloren.
Hierdurch würde Nachhaltigkeit im Bausektor nicht gefördert.
Zu Frage 2:
Der Bau von Sozialwohnungen wird zwar gefördert, aber der Anteil von Sozialwohnungen basiert durch dessen zeitliche Bindung auf immer weiterem und zahlreicherem Neubau. Ob dann auch ein relevanter Teil des zur Verfügung gestellten Betrages abgerufen wird, bleibt hierbei offen.
Nur wenn der Staat nach dem "Wiener Modell" selbst zum Wohnungseigner wird, hat dieser die Möglichkeit, den Anteil von günstigem und sozialen Wohnraum selbst zu bestimmen. Eine dauerhafte Quote von Sozialem Wohnraum würde meiner Ansicht nach in Verbindung mit Steuervorteilen zu einem dauerhaft besserem Ergebnis führen.
Die Wohngemeinnützigkeit erscheint von allen Maßnahmen der vom sozialen Aspekt her sinnvollste und nachhaltigste zu sein. Wenn "Vermieter, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, steuerlich begünstigt und gefördert werden" wäre hierdurch das von mir geforderte Belohnungsprinzip ansatzweise verwirklicht.
Zu Frage 3:
Städtebauliche Aspekte in Zusammenhang mit Mikroklima sowie Versiegelung des urbanen Raums führen schon jetzt zu Hitzestaus in Innenstädten und umliegenden Bereichen. Der Aspekt, dass eine verbesserte Dämmung, insbesondere in Verbindung mit Hohlräumen nicht zu einem Energiespareffekt beim Heizen im Winter sondern auch zu einer besseren baulich basierten Kühlung von Gebäuden im Sommer beiträgt.
Dass eine stärkere Versiegelung sowohl den Grundwasserspiegel weiter absenken kann, als auch zu katastrophalen Effekten in Verbindung mit Starkregen und Hochwasser-Ereignissen führen wird, sollte jedem verantwortlichen Politiker in Bund, Land und Kommunal und den zugeordneten Verwaltungen klar sein. Dies wird sich durch die angekündigten Maßnahmen nicht verbessern.
Eine weitere Versiegelung der Städte und des gesamten urbanen Raumes muss verhindert werden.
Quellen:
[1] rbb24: Bundesregierung legt 14-Punkte-Plan für mehr Wohnungsbau vor
[2] Handelsblatt: Wohnungsgipfel - Was die Bundesregierung an Hilfen plant