Klimaziele und Soziale Gerechtigkeit [2]

Im Folgenden erläutere ich die Grundzüge des Zusammenhangs von Klimapolitik und Sozialpolitik.
Auf dauerhafte Lösungen der drängendsten Probleme der Gegenwart ausgerichtet, spielt das Thema Klimaziele in Verknüpfung mit der Thematik Sozialer Gerechtigkeit die Schlüsselrolle. 

Der Ukraine-Krieg und seine ökonomische und energiewirtschaftliche Folgen stehen im Fokus medialer Betrachtung und prägen die wirtschaftliche Gesamtsituation. Unvermindert wichtig und von herausragender Bedeutung ist jedoch die Einhaltung der gesetzten Klimaziele. Unterstrichen wird dies durch aktuelle Ereignisse wie Überschwemmungen in den USA, Dürren und Waldbränden in Europa und China im vergangenen Sommer.
Der Sommer 2022 gilt schon jetzt als der weltweit größte Dürre-Sommer seit über 500 Jahren. 
Der aktualisierte Bericht des Weltklimarats vom März 2022 zeigt zur Abwendung der globalen Kipppunkte einen Handlungszeitraum nur noch weniger Jahre. Darum ist eine Verschärfung der Klimaziele notwendig (1,5°-Ziel). 

Als indirekte Folge der kriegsbedingten Sanktionen von EU, USA und weiteren Staaten gegen Russland besteht derzeit eine Rekord-Inflation. Ab Herbst droht zusätzlich eine Energiekrise als indirekte Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Durch die deswegen verhängten Sanktionen und die schrittweise Einstellung der Lieferung von russischem Gas seitens Russlands sind wieder Kohlekraftwerke in Betrieb genommen worden.
Dies ist eine dramatische Entwicklung für die CO2-Bilanz! 
Es gibt darüber hinaus Forderungen aus Wirtschaftsverbänden für den Weiterbetrieb und sogar einen Neubau von Kernkraftwerken. Letzteres ist gänzlich unakzeptabel und keine Lösung. Als Konsequenz des Nuklearunfalls mit Kernschmelze im japanischen Kernkraftwerk Fukushima haben im breiten gesellschaftlichen Konsens die wichtigsten demokratischen Parteien Deutschlands den Ausstieg aus der Kernkraft beschlossen.
Dadurch sind die am Netz verbliebenen drei Kernkraftwerke Deutschlands bereits auf das Herunterfahren ausgerichtet. Es sind keine technischen Sicherheitsprüfung mehr durchgeführt worden und ein Weiterbetrieb weder technisch noch personell vorgesehen. 
Ein Weiterbetrieb mit dem Ziel, einen Energienotstand in Wirtschaft und unter der Bevölkerung zu vermeiden, erscheint unter gegebenen Umständen dennoch für 3 Monate als vertretbar, wenn die geltenden Sicherheitsanforderungen erfüllt werden.
Ein fokussierter Ausbau der Erneuerbaren Energien muss in viel stärkerem Maß als bisher erfolgen. Hierzu zähle ich vorrangig Solar und Windenergie sowie zusätzlich Energiespeicher und einen Ausbau des Energienetzes.

Die Klimakrise darf nicht aus dem Fokus genommen werden, sonst wird daraus schneller eine Klimakatastrophe als manche denken.

Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 den Energiebedarf zu 80 Prozent aus Erneuerbaren Energien zu decken, um die Erderwärmung zu begrenzen, scheint gefährdet.

Was haben Klimaziele und Soziale Gerechtigkeit miteinander zu tun?
Das einkommensschwächste Drittels der Bevölkerung ist von Inflation und dem dramatischen Anstieg der Energiepreise am stärksten betroffen. 
Die Anteile am Gesamtenergieverbrauch betrugen laut statistischem Bundesamt 2020 für Gewerbe 16%, Industrie 26%, Verkehr 28% und Haushalte 30%. Die Ausgaben privater Haushalte beliefen sich 2020 auszugsweise auf 15,4 % für Nahrungs- & Genussmittel,
36,8 % für Wohnen und Energiekosten und 12,9 % für Verkehr [1]
In einem Durchschnittshaushalt betrug die Summe notwendiger Ausgaben etwa 75% des Einkommens, in Haushalten niedriger Einkommen sogar bis zu 100%. Ein Einsparpotential besteht für einkommensschwache Haushalte nicht. Dies gilt gleichermaßen für viele Rentnerinnen/Rentner und Studierende. Inzwischen ist auch für weite Teile von Bürgerinnen und Bürgern mittleren Einkommens und Betriebe des Mittelstands durch den enormen Energiepreisanstieg die Situation dramatisch bis existenzgefährdend geworden. Inflation und Energiepreissteigerung haben die Kosten in 2022 extrem erhöht. Ein Einsparpotential besteht auch hier kaum.  
Für teurere Produkte und Dienstleistungen aus nachhaltiger, klimaneutraler Produktion steht keine Kaufkraft zur Verfügung. Für genannte Haushalte bleibt somit keine Möglichkeit, auf diese Produkte umzusteigen. Die Folge ist ein Rückgang der Nachfrage klimafreundlicher Produkte am Markt. 

Die inzwischen vom Bundeskabinett am 14. September  beschlossene Bürgergeld [2] ist ein erster zaghafter Schritt in die richtige Richtung. Das beschlossene Bürgergeld reicht weder aus, die Folgen der Inflation zu kompensieren, noch die Mehrkosten durch die Energiepreis-Steigerungen aufzufangen. Durch ein Faires Grundeinkommen wäre darüber hinaus neben der Wiederherstellung Sozialer Gerechtigkeit auch der Sicherung des gesellschaftlichen Friedens auch - durch die Anrechnung auf die Rente als Sockelbetrag - der Erhalt des solidarischen Rentensystems nach dem Umlageverfahren für junge und zukünftige Generationen möglich.

Was sind die Ursachen für die zu niedrige Bemessung?
Der Regelbedarf wird in fünfjährigem Rhythmus vom Statistischen Bundesamt errechnet. Basis hierfür ist das Regelbedarf-Ermittlungsgesetz (RBEG). Bezug genommen wird auf die Einkommens-und Verbrauchsstichprobe (EVS), die auf einer freiwilligen Haushaltserhebung basiert. Dieses Vorgehen stellt nicht mehr die Lebensrealität dar. Auch ist die Abbildung des Status Quo weit entfernt von gesellschaftlichen Zielen wie der Erreichung von Klimaneutralität. Es ist angesichts hoher Inflation und rasant steigender Energiepreise ein ungeeignetes Mittel. Erforderlich ist eine kurzfristigere und dynamischere Erstellung der Bemessung.
Innerhalb von Zeiträumen zwischen den Bemessungszeitpunkten können durch Ergänzungspakete notwendige Zusatzzahlungen wenn erforderlich vom Parlament beschlossen werden. Die gegenwärtige Situation einer unvorhersehbaren Steigerung von Inflation und extrem starken Anstieg von Energiepreisen ist hierfür ein Beispiel.

Was wäre eine bessere und nachhaltige Lösung?
Durch eine gezielte Bevorzugung klimaneutraler Produkte (Mehrwertsteuer), eine Begünstigung von klimaneutral und fair produzierenden und handelnden Betrieben (Unternehmenssteuer) und eine gezielte Unterstützung sämtlicher einkommensschwacher Haushalte und damit Menschen können auch in der gegenwärtigen Krisenzeit die Klimaziele erreicht werden. Der Klimawandel macht keine Pause und wird sonst schnell zur Klimakatastrophe.
Es muss jetzt gehandelt werden!

Anmerkungen:
[1]    Statistisches Bundesamt,. www.destastis.de, Angaben für 2020
[2]    Bundesregierung: Bürgergeld ab 2023

This article was updated on September 18, 2022