Wohnen in der Zukunft

Wie sieht das Wohnen heute aus?
Gezeigt am Beispiel Braunschweigs:
Im Innenstadtbereich und den Ringgebieten überwiegen drei- bis vierstöckige Bauten aus der Zeit um 1900 (OR: 6340 EW/km²) oder vierstöckige Bauten aus der Nachkriegszeit. Straßen und Häuser sind weitestgehend in geschlossener Blockform mit umschlossenem Innenhof angeordnet. Die Randbezirke sind gemischt bebaut mit Einfamilien-, Doppelhäusern und vereinzelten höheren Mehrfamilienhäusern. Die eingemeindeten Dörfer haben von der Bebauung dorftypischen Charakter.
Als Besonderheit gibt es besonders im östlichen Ringgebiet viele Straßen mit Alleecharakter, oft mit je einer Baumart pro Straße. Die Straßenbreite ist in den Nebenstraßen so schmal, dass ein schnelles Passieren von Gegenverkehr unmöglich gemacht ist. Meist sind beidseits Parkplätze und ein breiter Fußweg angeordnet.
In der Innenstadt gibt es, bis auf den Hagenmarkt mit parkähnlichem Charakter, überwiegend Fußgängerzonen und gepflasterte Plätze. Straßen sind häufig Einbahnstraßen, auf den "inneren Ring" mit mittig geführter Stadtbahn ist ein Abbiegen meist nur einseitig möglich, um Abkürzungsverkehr in der City zu verhindern.

Wie wird gegenwärtig gebaut?
Am Baubestand in Innenstadt und den angrenzenden Ringgebieten wird sich grundsätzlich kaum etwas ändern. Dazu besteht auch keine Notwendigkeit. Ebenso wird sich die Bau-situation von Hochhäusern und Ein- wie Mehrfamilienhäusern voraussichtlich kaum ändern.

Bei Neubauten wird bisher so verfahren, dass meist vierstöckig mit Flachdach und Tiefgarage gebaut wird. Dies hat mögliche Veränderungen der Grundwasserströme zur Folge, die sich durch zukünftig häufiger zu erwartende Trockenperioden statisch auch auf ältere Bausubstanz auswirken könnten. Insgesamt führt eine bauliche Verdichtung zur Erhöhung der Temperatur innerhalb des Stadtklimas bei zukünftig häufiger zu erwartenden Hitzeereignissen.

Eine Besonderheit ist, dass bei der Mehrzahl der Gebäude mit Giebeldach der Dachraum zum Wohnraum ausgebaut ist und hierdurch früherer Lebensraum von Eulen und Fledermäusen verschwunden ist. Durch bautechnische Isolation ist oftmals die Nistmöglichkeit von Schwalben und Mauerseglern ebenfalls nicht mehr vorhanden, beide Arten sind jedoch sehr standorttreu.

Wie könnte sich Wohnen in Zukunft gestalten? Was sind die Zieldefinitionen?
Ziele sind einmal die Schaffung neuen Wohnraums auf nicht begrünten Arealen,
die Erhaltung oder Vergrößerung von Parks, Baumbeständen und Grünanlagen, 
das Erreichen einer Finanzierbarkeit des Wohnens.

Als Beispiel dient hier die Bahnstadt in Braunschweig.
Eine Idee wäre die Nutzung des Höhenunterschiedes zur Gestaltung eines Mehrebenenareals.
Individualfahrzeuge sämtlicher Antriebsarten erreichen das Areal in einer unterirdischen Ebene. Von dort gibt es Aufzüge zur ersten Grün-Parkebene oder direkt in Wohnhäuser. Die verkehrliche Erschließung erfolgt mit Stadtbahnen, Fahrrädern, Rikschas, für Warenverteilung mit schmalen Elektrozustellfahrzeugen und zu Fuß. Es gibt umfassend Parkanlagen mit Bäumen, Sträuchern und Naturflächen sowie Sport- und Spielmöglichkeiten.
Die Hausbauweise ist eine aufgelöst integrale Schachtelung mit vertikaler und horizontaler Begrünung. Der Wärmedämmung dienen teilweise das Vertikale Grün sowie doppelwandige Stützungen in Ausführung mit alternativen Baustoffen. Innerhalb der vertikalen Luftkanäle wird mittels passiver oder aktiver Umwälzung eine luftbasierte Konvektionsströmung erzeugt.
Lärmstörungen durch integrierte Gastronomie und Veranstaltungen werden durch Anwendung optimierten passiven Schallschutzes wesentlich reduziert.
Die Hauskulissenform ist abweichend vom heute noch vorherrschenden "Quader-Moderne" oft in Gestalt von "Postmoderne und Dekonstruktivismus", "Organischer Architektur" und anderen Strömungen innerhalb des New Urbanism zu finden. 

In bewusst gestalteten Dachüberständen sowie vertikalen Extrusionen mit Turmcharakter wird Platz für Höhenbrüter (z.B. Schwalben, Mauersegler, Falken) geschaffen, während Hohlräume Fledermäusen Platz zum Ruhen und Überwintern bieten.
Unterschiedliche Wohnungsgrößen einschließlich Ein-Raum-Übernachtungsmöglichkeiten verwirklichen eine optimale soziale Mischung. Schiefe Ebenen und Aufzüge bieten Menschen mit eingeschränkter Mobilität bestmöglichen Zugang, hierdurch werden auch Inklusion und Mehrgenerationsmischung ermöglicht. Zusätzlich werden Tiny-House-Aufstellflächen geplant. 
Das ganze Areal ist energieneutral, klimagerecht, sozial- und generationsgerecht.

Zur Frage der Finanzierbarkeit:
Kritiker und Zweifler könnten nun ja die Finanzierbarkeit in Frage stellen und der Bezahlbarkeit wegen wie bereits gegenwärtig fordern, nach niedrigeren als den jetzigen Standards zu bauen.
Dem setze ich entgegen, dass dies zwar nach den Regeln von kurzfristigem Wachstum und reiner Profitorientierung richtig wäre. Durch Ansatz eines langfristigen Zeitraums verbunden mit besseren steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten und gestaffelten Steuersätzen nach dem Belohnungsprinzip kann eine solche Investition attraktiv werden.
Es muss auch immer bedacht werden, dass auch der Staat auf allen Ebenen als Gesellschafter einsteigen kann. Dadurch könnten Beteiligungen an solchen Wohnbauprojekten den Charakter früherer Staatsanleihen bekommen, wodurch insbesondere die Risikoabdeckung ein wichtiges Argument wird. 
Darüber hinaus stellt aus meiner Sicht jedes ressourcenverbrauchende Bauen heutiger Prägung eine Verletzung des Schutzrechtes der natürlichen Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen dar (vgl. Urteil Bundesverfassungsgericht zu Klimaschutzgesetz vom 24.03.2021).